News Detail: CD: Top Tipps

POP/ROCK / DEUTSCH
2raumwohnung: Melancholisch Schön
Der Sommer ist da. Jetzt aber auch wirklich. Passend zur jahreszeitlichen Temperierung werfen 2raumwohnung die Fenster auf. Herein lassen sie sommerliche Rhythmen und Instrumentals. Ihre alten Hits und auch vereinzelte Neukompositionen flirren im schwüleren Latino-Outfit durch die Boxen. Interessant ist indes anders. Salsa und Bossa sind spätestens seit Ende der Neunziger Jahre ausgelutscht, als schlimme Bewegungsgrobmotoriker auf den entsprechenden Partys den Patientennachschub der orthopädischen Zunft sicherten. Gräuslich! Inga Humpe und Tommi Eckart perfektionieren vornehmlich mit Akustik-Gitarre, spärlichen Keyboard-Einwürfen und sanften Grooves die Langeweile eines hitzigen Sommertages. Selbst ein Stan Getz-Zitat ("Liebe") mutiert so zum Förderer des Gähn-Faktors. Die sanfte Brise, die zum Abschluss erklingt, befördert den Hörer endgültig ins Reich der Träume. In "Keiner Kommt Hier Lebend Raus" proklamiert Humpe "Hey, ich muss mal kurz hier raus", sowie "ich weiss nicht, warum ich hier bin". Vor allem weiss ich nicht, warum ich mir dieses Sammelsurium an leidenschaftsloser, valiuminfizierter Drögness überhaupt antue. Eventuell, weil Alben der 2raumwohnung immer einen gewissen Charme versprühten, auch wenn das Duo mit der Zeit immer mehr nachliess? Der Bonus ist mit vorliegendem, absolut unnützem Output endgültig dahin. Vielleicht hätten Humpe und Eckart lieber noch ein Remix-Album auf den Markt werfen sollen, statt mit uninspiriertem Gedudel ihre Hörerschaft einzulullen. "Wir trafen Uns In Einem Garten" entwickelt sich bereits nach wenigen Sekunden zu einer Gänsehaut hervorrufenden Trallala-Orgie. Die Version 2005 sollte besser "Wir Trafen Uns In Einem Ziemlich Öden Und Langweiligen Garten" heissen - erst zum Schluss hin, wenn das Tempo anzieht, blinzelt die Koketterie des Originals in Ansätzen durch. Können denn entspannte Sounds Sünde sein? Natürlich nicht. Zwischen akustischer Entspanntheit und vertonter Schlaftablette liegt ein kleiner jedoch feiner Unterschied. Der Titeltrack "Melancholisch Schön" fasst die Ambition der Platte und ihr gleichzeitiges Scheitern gut zusammen. Das sanfte, substanzlose Nichts ersetzt die Melancholie, die gewollte Schönheit geht in instrumentellen Standards unter. Der 2raumbossa funktioniert als Gutenachtgeschichte, bevor dem Hörer vor lauter Schlaffheit der Speichel aus dem Mundwinkel rinnt. *schnarch*
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DANCE / ACID-JAZZ
Jamiroquai: Dynamite
Der Acid-Fusion-Spacecowboy ist nach einigen Höhenflügen auf den Strassen angekommen. Zumindest auf dem Cover seiner neuen Scheibe. JK lässt sich schwarz-weiss in Hinterhöfen ablichten. Und tatsächlich finden sich auf "Dynamite" Töne, die seinen Disco-Streetstyle widerspiegeln. Jamiroquais stilistische Ausrichtung ist auf dem sechsten Album grundsätzlich dieselbe: perfekt verpacken sie Soul, Funk und Club mittels umfangreichen Instrumentariums, überwiegend positiv gestimmter Harmonien und elektronischer Reminiszenzen an die UK-Dance-Szene. Ein paar Neuerungen gibt es dennoch. So tritt die verspulte Single "Feels Just Like It Should" mit ihrem Lo Fi-Funkrock zu Beginn ungewohnt rüde die Disco-Türe ein. Gitarrist Rob Harris packt hier zu geerdetem Drum-Groove, Laser-Fiep-Elektronik und einem kurzen, irritierenden 80er-Synthie-Intermezzo Gitarrenspuren aus, die von rotzig bis filigran die Studioluft zerschneiden (Harris liess es schon auf "A Funk Odyssey" ab und an ordentlich brummen). Danach stösst die Platte den gemeinen Jamiroquai-Fan weniger vor den Kopf. Und prompt wird Jay Kay Stagnation auf hohem Niveau vorgeworfen - wie bei jedem Release. Das liegt einerseits an der stets astreinen, von Vollblut-Muckern vorgenommen Produktion. Und diesmal vor allem an der Tatsache, dass der ungeschliffene Sound der Single nicht öfter rumpelt. Zu mehr harten Tracks können sich die Briten einfach nicht durchringen. So kommt einzig "Black Devils Car" noch als straighter Up-Tempo-Rocker daher. "Seven Days In Sunny June" überrascht dagegen mit sonniger Singer-Songwriter-Gitarre. In der Mitte setzt die Platte überwiegend auf Jamiroquai-Standards, auch wenn Harris die Rock-Gitarre zuweilen anwirft. Die Bass-Maschinen der schnelleren Nummern "Electric Mistress" und "Love Blind" grooven im UK-Dance-Kontext, und "Dynamite", "Starchild", "(Don't) Give Hate A Chance" oder "Talullah" liefern die bekannte Mixtur aus moderner Disco und Liebessong. Dennoch: Wer Jamiroquais anspruchsvollen Groove, ihr exzellentes Songwriting und die geschmeidige Art, Live-Instrumente und Programmierung zusammenzubringen, nicht würdigt, hat wohl definitiv nicht den Funk.
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METAL / ALTERNATIV
Foo Fighters: In Your Honor (2 CD)
"Wenn in 20 Jahren ein Kind seinen Vater fragt, welche Platte der Foo Fighters man haben sollte, dann wird dieser antworten: 'In Your Honor'". Dies liess zumindest Dave Grohl im Vorfeld verlauten, und die Vorab-Single "Best Of You" gab ihm durchaus Recht. Nachdem nun das komplette Album vorliegt, ist es aber viel wahrscheinlicher, dass besagter Vater antwortet: "Hol dir die 'The Colour And The Shape' und am besten noch die 'One By One'." Und sollte der Sohn besagtes Zitat von Grohl irgendwo ausgraben und seinen Vater fragen, was denn gegen "In Your Honor" spricht, dann wird der Vater antworten, dass die Platte grösstenteils vollkommen in Ordnung geht und einige grossartige Songs zu bieten hat, das hohe Niveau auf Dauer einfach nicht halten kann. "In Your Honor" sollte die "Physical Graffiti" der Foo Fighters werden. Die ganze Klasse der Foos auf einem Doppelalbum konzentriert, einmal ohne Strom, einmal mit Strom. Doch das Album für die Ewigkeit haben FF auch diesmal nicht aufgenommen. Dabei geht die rockige, erste CD des Albums zunächst gewohnt gut ab. Wirbelnde Akkorde umrahmen Dave Grohl, der "can you hear me? Hear me screaming" brüllt. Der Titeltrack und Opener geht mächtig nach vorne. Nach 3:20 Minuten kippt der Song in Richtung Punk und offenbart eine enge Verwandtschaft mit den ausufernden Riffgewittern der Queens Of The Stone Age. Ihr Händchen für Ohrwurmmelodien haben sich die Amerikaner bewahrt, auch wenn Ex-Nirvana-Trommler Grohl diesmal mehr Wert darauf legt, sein Organ aggressiver klingen zu lassen. Doch bereits "No Way Back" zählt sicher nicht zu den besten Songs, die Grohls Feder entsprungen sind, und auch "Hell" fehlt einfach die Grösse. Erst mit "The Last Song" finden die Foos wieder auf den rechten Weg zurück. Für einen echten Meilenstein in der Bandkarriere ist das zu wenig. Zumal dieses Auf und Ab bis zum Ende anhält, und erst "End Over End" wieder ganz grossen Foo Fighters-Sport treibt. Aber da ist ja noch CD 2, die erste Akustik-Platte der Foo Fighters, und wartet gleich mal mit einer netten Gästeliste auf. John Paul Jones darf auf "Miracle" und "Another Round" mitklimpern, Norah Jones leiht "Virginia Moon" ihre Stimme, und Wüstenkönig Josh Homme zupft bei "Razor" die Gitarre. Grosse Namen allerdings machen noch keine grosse Platte, und so überzeugt auch die ruhigere Hälfte des Albums nur selten voll und ganz. Sicher ist das noch immer weit über dem Durchschnitt, verglichen mit anderen Werken der Foo Fighters ragt "In Your Honor" allerdings nur in seltenen Momenten heraus. "Friend Of A Friend" ist einer dieser Augenblicke, erstaunlicherweise hat dieses Stück bereits an die 15 Jahre auf dem Buckel. War es doch der erste Song, den Grohl damals in Seattle auf seiner Gitarre schrieb. Wer will, kann sogar Nirvanas "Something In The Way" heraushören.
"In Your Honor" ist leider nicht das Album geworden, an das man sich in 20 Jahren beim Namen Foo Fighters erinnern wird. Schlimm ist das nicht. Stücke wie "Best Of You", "The Last Song" oder "End Over End" lassen hoffen, dass die Foos noch den einen oder anderen Klassiker aus dem Ärmel schütteln.
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METAL
Life Of Agony: Broken Valley
Vor genau acht Jahren beschloss Frontmann und Aushängeschild Keith Caputo, Life Of Agony zu verlassen, um eine Solokarriere zu starten. Nachdem sich schon 2003 mit zwei Reunion-Konzerten ein Comeback der Metal-/Grunge-/Emo-Götter angekündigt hatte, ist es nun soweit. Der Nachfolger zu "Soul Searching Sun" ist endlich da. "Willing To Start Again, Willing To Give Another Try" - die ersten Worte, die auf "Broken Valley" fallen, könnte man auch als Stossseufzer aufgrund der jüngsten Bandgeschichte verstehen. Sie sind aber Auftakt zu einem furiosen, melodisch wie musikalisch gelungenen Opener. LOA servieren genau das, was man bestenfalls von einer "Comeback-Platte" erwarten kann: Zweifelsfrei neues Material, zeitgemäss umgesetzt, ohne auch nur ansatzweise die Herkunft zu verleugnen. Klar gibt es neue Elemente zu entdecken. Keith Caputos Stimme ist wandlungsfähiger geworden. Da röhrt auf einmal ein druckvoller Bariton die Strophe (Don't Bother) oder erklimmt nur ein paar Lieder später Höhenlagen, die sonst nur Robert Plant verletzungsfrei erreicht ("Junk Sick"). In der Ballade "No One Survives" meint man sogar, einen Caputo zu entdecken, der so verletzlich und ernst noch nicht einmal auf seinem Solo-Debüt zu hören war. Joey Z's Gitarrenarbeit ist grundsolide wie eh und je, wenn auch die Grundausrichtung weniger nach Metal und mehr nach Grunge klingt. Sei's drum. Bei aller Wandlung ist die Musik - zum Glück - hochklassig geblieben. "Last Cigarette" ist ein fantastisch treibender Kick-Ass Track und einer meiner Favoriten. "Don't Bother" schickt per Killer-Riff in der Strophe eine herzliche Einladung ins Mosh-Pit. "Justified" ist eine lupenreine Stadionhymne, die ein wenig an "Ugly" erinnert. Überhaupt gibt es einige Stücke, die aus der Hochzeit des Grunge kommen könnten. Speziell "Strung Out" und "Broken Valley" tönen wie weiland Scott Weiland ('tschuldigung). Fehlen noch die Balladen. Nun ja. Ganz gross und äusserst empfindsam ist die herzergreifende Piano-Ballade "No One Survives". Wer es gefühlvoll mag, darf mit "Junk Sick" ein weiteres Stück Familiengeschichte der Caputos aufarbeiten. Auch "The Day He Died" beschäftigt sich mit Keiths Gefühlen, nachdem sein Vater an einer Überdosis starb.
Balladen hin, Riffs her - "Broken Valley" ist mehr als ein Comeback-Album. Hier gibt es jede Menge frischer Ohrwürmer zu entdecken, und wir sagen artig und zufrieden: Willkommen zurück, LOA!
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HEAVY METAL
Evergreen Terrace: Sincerity Is An Easy Disguise In His Bus
Evergreen Terrace aus Kalifornien sind eine Band, die schon allein durch ihre Veröffentlichungspolitik aus der Masse hervorsticht. Anstatt sich erst mal mit ein paar Alben zu etablieren, veröffentlicht das Quintett direkt nach ihrem Debüt eine Live-Scheibe, ein Album mit Coversongs und eine Live-DVD. Somit kommt das offizielle, zweite Studioalbum ganze drei Jahre nach dem Erstwerk in die Regale. Das ist an sich nicht weiter schlimm, denn durch konsequentes Touren haben sich die Jungs aus Jacksonville nicht nur eine treue Fangemeinde erarbeitet, sondern klingen auf "Sincerity Is An Easy Disguise In This Business" auch deutlich gereifter als noch auf "Burned Alive By Time". Statt allein auf der Metalcore-Welle mitzureiten, mischen Evergreen Terrace zum typischen Metal- und Hardcore-Einerlei immer wieder sehr schöne Melodien, die Gitarrist Craig mit seiner klaren Stimme gekonnt intoniert. Das ist vielleicht nicht über die Massen neu, aber in solchen Momenten schimmert einfach der Melodic Hardcore durch, für den Kalifornien eigentlich bekannt ist. Das sorgt für einiges an Abwechslung und hält die Songs auf Dauer frisch und interessant. Seien es vertrackte Nummern wie der Opener "Dogfight" und "New Friend Request" oder eher straighte Sachen wie "I Can See My House From Here", "The Smell Of Summer" und das rockige "Tonight Is The Night" - alle haben grosses Unterhaltungspotential. Wer rechnet schon nach dem kurzen, akustischen Gitarrenintro damit, dass "I Say You He Dead" (was 'n Titel ...), eine astreine Hardcore-Breitseite wird und noch mehr abgeht als "Give 'Em The Sleeper"? Zusätzlich gibt es noch einen unbetitelten, akustischen Bonus-Track, der das Album sehr besinnlich ausklingen lässt, was manchem Altfan vielleicht zu kommerziell aufstossen mag.
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REGGAE / SCHWEIZ
Phenomden: Fang Ah
"Schwyzerdütsch ist keine Sprache", sondern nur eine Ansammlung von...... Wer dieser fehlgeleiteten Meinung, der sollte von "Fang Ah" tunlichst die Finger lassen - man verpasst dann allerdings ein Album, das das Zeug zur Sommerplatte '05 hat. Allen anderen, insbesondere Freunden der jamaikanischen Volksmusik und Fans der Bergsprache, sei Phenomden wärmstens ans Herz gelegt. Der phänomenale Dennis Furrer vollbringt diese Pioniertat. One Ton Records, das Label des Bassisten der Ganglords, verewigt das erste schweizer Mundart-Reggae-Album überhaupt, das mit einem wunderbaren Tune auf einem Crystal-Woman-Riddim aus dem Hause Rootdown eröffnet. Produzent Teka, hat ganze Arbeit geleistet. Und Richie Senior an der Posaune? Wenn das mal nicht der alte Dr. Ring-Ding ist... "Jetz isch Ziit". Zeit, um mit "Nume Drum" eine deftige Sozialkritik abzulassen: Deutliche Worte gegen Macht- und Profitstreben sind gerade in der Eidgenossenschaft nicht unbedingt fehl am Platz und erschüttern, verpackt vom Kölner Pow Pow Movement, problemlos jede Dancehall. Ebenfalls aus Köln stammt der Instrumentalteil zu "Wänn Lärnemer", der bereits bei Gentlemans "Wicked Thoughts" Verwendung fand. Marco Baresi, Schlagzeuger von Gentlemans Far East Band, setzte vor einiger Zeit den gutgelaunten Valentine-Riddim in die Welt. Phenomdens Version davon: "Ha De Sound". Wer Roots wie ein grosser Baum hat, braucht sich wirklich keine Sorgen mehr zu machen. Mit Valentine hätten wir Germaican am Start - fehlen aus der deutschen Reggae/Dancehall-Szene eigentlich nur noch die Silly Walks. Und tatsächlich: Die Hamburger stecken hörbar hinter "Wiedike", einer wuchtigen Hommage an die eigene Wohngegend. So gehuldigt könnte man glatt meinen, Wiedikon sei toll. Ein weiterer Beweis dafür, dass Schönheit unbedingt im Auge des Betrachters liegt. "A Jedäm Tag" und "Fang Ah" wurden von Andreas Brikalin (Ire Hi-Fi) produziert; auch dieser Herr entstammt dem engeren Umfeld der Silly Walks und leistete unter anderem wesentliche Beiträge zu Nosliws "Mittendrin". Doch auch in der Schweiz gibt es grossartige Reggae-Produzenten. Die Basler Scrucialists (bei denen Dennis Furrer zeitweise sang), liefern "Gfange" und "Energia", eine Kollabo mit dem Süditaliener Don Rico (Sudsoundsystem), die besonders mit ihren grandiosen Bläserriffs punktet. Die Townnet Crew trägt das basslastige "Dschungel" sowie den Riddim zu "Sunshine" bei. Sonne aus der Box auch hier. Phenomden ist in beiden Stücken höchstpersönlich am Bass zu hören. Die Zürcher Ganglords zelebrieren mit "Gueti Musig" - der Titel legt es nahe - die Macht guter Musik. Oberhammer und Anspieltipp Nummer eins ist allerdings "Cha Nüt Defür". Die Bonx-It-Nummer stellte Phenomdens erste Veröffentlichung dar, schlug in den Dancehalls in und um Zürich ein und schaffte es auf den Nation-Music-Sampler, die Dancehall-Fieber-Compilation und in die FM4-Airplay-Charts. Zu Recht, denn so serviert kann man selbst dem Danke-du-darfst-jetzt-gehen am Ende einer Beziehung noch viel Schönes abgewinnen. - Denjenigen, die die Texte nicht verstehen, bleiben immer noch die Vibes: Rootsreggae vom Feinsten. Es Füür muess bränne. Hopp, Schwiiz! More Fyah!
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POP/ROCK / ALTERNATIV
Dredg: Catch Without Arms
Das Luftschiff ist gelandet. Dredg sind zurück von der Oberstübchenreise durch Okzident und Orient, zu der sie 1998 mit "Leitmotif" aufgebrochen waren. Mit dem Majordebüt "El Cielo" traumwandelte die Band wie eine Arche Noah im Stumpfsinn der Musikberieselung vorbei an leeren Opern, in denen die Musik niemals verebbt. Überflog nächtliche Winterlandschaften, bizarre Wüstendünen und berauschende Flussdeltas. Öffnete Augen, Herz und Geist. Nun haben Dredg wieder festen Boden unter den Füssen. Die vier Kalifornier bauen 2005 keine brüchigen Progrock-Monolithen mehr, sondern überaus eingängige Popsongs. So viel Ohrwurm wie im Titelstück war noch nie: Gitarre, Bass, Drums und ein schüchternes Piano bereiten den Grund für das hochfrequente Organ Hayes', Strophe und Refrain stehen artig nebeneinander, alles wirkt wohl sortiert. Auch inhaltlich, denn die Platte entpuppt sich als kleines Meisterstück in zwei diametral entgegengesetzten Akten. Paradebeispiel: das Alkoholproblem des Sängers. In "Zebraskin" sitzt das Teufelchen auf Hayes' vor Trunkenheit wackeliger Schulter, während er in "Hung Over On A Tuesday" auf den Rat des Engelchens hört und schwört, nie wieder einen Tropfen anzurühren.
Die rockigeren Momente kommen aber trotz textlicher Introspektive nicht zu kurz. "Ode To The Sun" preist das Himmelsgestirn mit der so Dredg-typischen Slidegitarre und einer Inbrunst, die zucken macht vor Freude. Bei "Tanbark" darf Drummer Dino mal so richtig die Hi-Hat verprügeln und Gavin am Ende den Schreihals raushängen lassen. "Jamais Vu" ist dagegen ganz und gar nicht erdig, sondern in Liedgut gegossene Atmosphäre voll entrückter Schönheit. Ähnlich esoterisch geht es auch im vorgezogenen Schlussstück "Sang Real" zu, in dem Hayes über Tod, Seele und Universum reflektiert. Am Ende hat die reinigende Waschstrasse namens "Catch Without Arms" seelische Altlasten abgespült und den Sound ordentlich zurecht gestutzt. Herausgekommen ist dabei das mit Abstand persönlichste und melodiöseste Werk. Die exaltiertesten Popmomente ("Spitshine", "Planting Seeds") prahlen gar vor A-ha-Erlebnissen - und stellen die wenigen Schwachstellen der Platte. Insgesamt schmeckt aber auch das Destillat des bisherigen Soundkosmos unverwechselbar nach Dredg. Ob der Zauber als Konzentrat die Halbwertzeit des Vorgängers erreicht, bleibt abzuwarten.
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METAL / CROSSOVER/NU METAL
Static-X: Start A War
Nachdem Static X in letzter Zeit eher mit ihrem ehemaligen Gitarristen Tripp Eisen in die Schlagzeilen kamen, der wegen Verführung und sexueller Handlungen an Minderjährigen angeklagt und verurteilt wurde, kommt endlich auch wieder musikalisch was von der Band. Mit dem Opener "The Enemy" legen Wayne Static und Co. gewohnt psychotisch los, und auch "I'm The One" hat diese Elemente zu bieten, doch beschränkt sich das meist auf den Gesang. Musikalisch muss man schon beinahe von Alternative-Klängen sprechen, die zumindest mich stellenweise an die Smashing Pumpkins erinnern. Solche Vermutungen führt die Fönfrisur mit dem mit einigen elektronischen Spielereien aufgepeppten Titeltrack natürlich ad absurdum, doch auch im weiteren Verlauf den Album tauchen verdammt simple und eingängige Melodien auf, die nicht unbedingt nach Metal klingen. Das stört einen harten Groover wie "Pieces" eher wenig, aber was ist mit einer Nummer wie "Dirthouse"? Der Song besteht quasi nur aus einem Riff! Auch "Skinnyman" kommt musikalisch in der Strophe sehr monoton, aber verdammt groovig daher, bevor ein sehr catchy Chorus einsetzt. "Just In Case" könnte, mal abgesehen vom Zwischenpart, auch aus der Feder von Trent Reznor stammen, und "Set It Off" hat ein paar wirklich tolle Melodien zu bieten und liegt irgendwo zwischen Filter und den Nine Inch Nails. Wie durchgeknallt die Jungs aber wirklich sind, zeigt "I Want To Fucking Break It". Wer lässt denn eine Tuba in bester Volksmusik- und Schunkelmanier vor sich hin tröten und setzt dann ein fett, groovendes Monsterriff darüber? Wie der Titel schon sagt, handelt es sich dabei um ein heftigst aggressives Stück, das man sich nicht entgehen lassen sollte. "Night Terrors" überzeugt am meisten mit Waynes abwechslungsreichen Vocals, er legt neben all dem Geschrei ein paar wirklich gute Gesangslinien vor. Dafür hat das folgende "Otsego Amigo" die besten Vorraussetzungen, um ganz schnell richtig auf den Sack zu gehen, weil hier der Psychopath so richtig durchbricht. Dafür erstaunt "My Damnation" mit einer Gesangsleistung, die ich dem Kerl nicht im Entferntesten zugetraut hätte. Das ist schon beinahe wavig. Auf der Bonus-DVD gibt es erst einmal sämtliche Songs des Albums im 5.1 Mix, was sich mit der entsprechenden Anlage bestimmt bezahlt macht. Des weiteren darf man sich Aufnahmen vom Aufnahmeprozess und diverse Vorbereitungen zu Fotoshootings reinpfeifen und zusehen, wie Wayne ein überdimensionales Sparschwein knallt. Irgendwie wage ich es zu bezweifeln, dass die Aufnahmen aus dem Proberaum soundtechnisch tatsächlich authentisch sind, denn das klingt einfach eine Spur zu sauber. Die Live-Aufnahmen von "Permanence", "The Trance Is The Motion" und "Monster" sind hingegen mit Sicherheit so live wie "Wer wird Millionär", denn alle haben ständig andere Klamotten an, und der Sound klingt wie auf CD. So was kann man eigentlich auch bleiben lassen, da der Sinn dabei etwas flöten geht. Spass haben die Jungs aber auf jeden Fall, und dass Wayne bei der Haarpflege im Vergleich zu Basser Tony den Kürzeren gezogen hat, versteht sich von selbst. Zwischendurch klemmt sich Tony noch ein Mini-Motorrad in die Kimme, um damit nachts auf der Strasse rumzuflitzen, und die letzte Viertelstunde brettern Static X mit Jeeps durch eine Steinwüste.
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POP/ROCK
Valentine: Ocean Full Of Tears
Jetzt kommt es dicke. Im Wochentakt entsteigt der Business-Gruft eine "neue Hoffnung", um der (vorgeblich) darbenden deutschen Musiklandschaft auf die Sprünge zu helfen. Erst jauchzt uns Joana Zimmer was von ihrem "Innermost" um die Ohren, die Berlinerin Valentine hat gar einen ganzen Ozean vollgeflennt. Zu Valentines Ehrenrettung sei gesagt, dass ihr Debüt um einiges charmanter und anspruchsvoller um die Ecke poppt als Frau Zimmers peinliche Soulpop-Nummern. Valentine fährt schon rockigere Geschütze auf. Die gehen aber in der Mehrzahl im poppig produzierten Brei unter. An diese eine Band aus England, die gerade den Erfolg ihres Lebens feiert, erinnert nicht nur der Pianolauf im Eröffnungstrack "Won't Give Up". Hier und da scheint Chris Martin geistige Schützenhilfe geleistet zu haben, wenn wieder in paar Tastenklänge vonnöten waren. - "Ich will versuchen, in der Popmusik neue Wendungen zu erreichen. Es gibt nichts zur Zeit, was in vier Jahren noch geil sein kann" - Bescheidenheit scheint ihr Ding nicht zu sein. Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft indes eine erhebliche Lücke. Der Titelsong untermauert dies nachhaltig. Welcome Dudelfunk, good bye neue Wendungen. Das "Eieiei" der Einleitung klingt verdammt nach Gracias "Run And Hide", und welch durchschlagenden Erfolg das DSDS-Mädel damit hatte, dürfte allseits bekannt sein. Mit dem von ihr selbst postulierten Anspruch, zeitüberdauernde Musik machen zu wollen, legt sie sich unnötig viel zu grosse Steine in den Weg.
Die Ansätze zu einer vielversprechenden Karriere sind nämlich da. Live hat Valentine es allem Anschein nach drauf, sonst hätte sie ein Jahr lang einen Auftritt pro Woche im Berliner Quasimodo sicher nicht überstanden. Auch die Songs, die sie in der Mehrzahl selbst verfasst hat, besitzen manches Mal den Ansatz eines grossen Melodiesports wie ihn ein Nik Kershaw immer wieder zelebriert. Dazu gehört der Opener und trotz offensichtlicher Coldplay-Reminiszensen "I Will Try", und auch "Part Of The Deal" gefällt in Ansätzen. Als Paulchen McCartney meinte, dass dieses Girl doch amazing wäre, hatte er nicht ganz Unrecht. In diesem Zusammenhang wäre es sicher interessant zu hören, wie sie ihre persönlichen Favoriten Muse in ihrem musikalischen Kontext unterbringt. Auf Album Nummer eins klingt jedoch zu viel Mainstream-Meterware durch, als dass es zu einem eigenen Profil reichen würde. Das Vorhaben, Valentine neben all den chartkompatiblen Püppchen als singende Elfe zu platzieren, ist löblich, geht aber in letzter Konsequenz ein wenig in die Hose, denn dazu tönt ihr Material einfach zu austauschbar und beliebig.
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MUSIK DVD TIPP
Jean Michel Jarre: Live in China (2 DVD + CD)
Der Mann ist komplett durch den Wind. Höher, grösser, weiter. Kein Superlativ bleibt dem Franzosen verschlossen, denn er scheint immer wieder aufs Neue gewillt, Besucherrekorde zu pulverisieren. Dabei veranstaltet er seine Auftritte nicht als popelige Live-Performances, sondern pumpt jedes seiner raren Konzerte mit einer derartigen Monstrosität zu einem audiovisuellen Gesamtkunstwerk auf, das dem kleinen Musikhörer angst und bange sein muss bei derart gelagertem Grössenwahn. Zu den beiden Konzerten in Peking, die auf der vorliegenden DVD-Packung Berücksichtigung finden, strömten zwar keine Millionenmassen wie sonst üblich, aber darum geht es hier auch gar nicht. Was sich der anscheinend doch wieder etwas frischere Franzose zum Ziel gesetzt hat, ist schlicht und ergreifend ein Fall für den Staatsanwalt. Er möchte den Zuhörer/-schauer mit einem Sound töten, den die Welt noch nicht erlebt hat. Es bedarf schon einiger Tönchen, um den Rezensenten in Verzückung zu versetzen, aber was Jarre hier auf zwei DVDs zelebriert, ist kaum zu überbieten. Die Satelliten-Boxen des Surroundsound-Systems mutieren somit zum Gefängnis für den audiophilen Geniesser. Mit "Aero" deutete JMJ schon an, dass er für das Volk noch einige Gimmicks auf Lager hat, die er zu gegebener Zeit veröffentlicht, mit "Jarre In China" vollführt er sein Meisterstück. Der Titeltrack des letzten Albums eröffnet - nach einem pathetischen Orchesterstück - denn auch das eigentliche Konzert. Und schon bei den ersten Tönen verschlägt es einem fast den Atem. Obschon "Aero" in 5.1.-Sound existiert, die THX-Variante des Stücks walzt noch dominanter durch die Boxen. Zusammen mit der hochauflösenden Qualität des Bildes rundet die technische Seite der DVD ein Konzept ab, das in seiner Perfektion seinesgleichen sucht. Die Opulenz des Auftrittes ist nicht überbordend, aufblasbare Strukturen wie Kugel, Kegel und Zylinder stellen einen beruhigend minimalistischen Kontrast zum symphonischen Charakter des Konzerts dar - mit Jarre in der zentralen Position als Knöpfchendreh-Diktator. Und das ganz unprätentiös im Schlabberpulli, Jeans und verwuschelten Haaren. Der Genuss des kompletten Auftritts in der verbotenen Stadt ist äusserst kurzweilig - selbst wenn man kein Jarre-Kenner ist und nur ab und an eine Melodie erkennt, die man schon einmal gehört zu haben glaubt. Zusatz-Features, wie die im Vorfeld entstandene Dokumentation, zeigen ihn und seinen Organisationsstab, wie sie mit den chinesischen Widrigkeiten des dortigen Behördensystems zu Rande kommen. Dass der Abend dennoch so über die Bühne ging, wie ihn die Bilder zeigen, grenzt unter diesen Umständen fast an ein Wunder. Nachdem Jarre am Ende seines Auftrittes in der Verbotenen Stadt auf den Seitenkasten eines Motorrades steigt, begibt er sich zum zweiten Teil des Konzerts, der auf dem Platz Des Himmlischen Friedens stattfindet. So ganz unproblematisch ist das nicht, ist dies doch der Ort an dem 1989 die studentische Protestbewegung mit Panzergewalt im wahrsten Sinne des Wortes plattgemacht wurde. Der Protagonist selbst erklärt wiederholt, dass er dessen wohl gewahr ist und deshalb auch einige Sachen im Programm hat, um Zeichen zu setzen. So zum Beispiel der Auftritt einer Sängerin, die zur damaligen Zeit zu den Demonstranten gehörte und lange mit Auftrittsverboten zu kämpfen hatte. Jarres persönlicher Höhepunkt ist wohl die Deklamation von liberté, egalité und fraternité in chinesischer Sprache. Man muss wissen, dass genau diese drei Worte die Losung der chinesischen Demokratiebewegung in den Achtzigern waren. Leider dauert der Tian'Anmen-Teil lediglich fünf Songs und 22 Minuten lang. Dafür bekommt man im Abspann eine ganze Weile vorgeführt, welche Unternehmen am gesamten Projekt beteiligt waren. Also neben liberté, egalité und fraternité auch ein wenig Portemonnaie ...
Ab und an gewinnt die Theatralik etwas die Überhand, wenn Jarre auf kleinen Gongs oder Stahlröhren herum trommelt, die ganz offensichtlich nur auf der Bühne stehen, um den Eindruck zu erwecken, als ob sie Töne erzeugen könnten. Theremin und Laser-Harp hingegen funktionieren tatsächlich. Letztere gibt "Chronology 3" einen netten Touch. Etwas deplatziert wirkt jedoch das Vivaldi-Stück "Winter". Die E-Gitarre ersetzt die Fidel und stört die Stringenz der Stimmung etwas, die bis dato vorherrscht. Ganz abgesehen davon, dass Vivaldi "Die Vier Jahreszeiten" ähnlich wie "Carmina Burana" definitiv ausgelutschten Charakter besitzen. Bei der Gegenüberstellung der Kritikpunkte zu den begeisternden Momenten ziehen die Negativaspekte aber bei weitem den Kürzeren. Die Sound-Verrücktheit des Jean Michel Jarre kulminiert in einem DVD-Paket, das für mehr als nur den kurzen Genuss gedacht ist. Sound, Bild und Stimmung bilden - trotz der kleinen Makel - eine beeindruckende Einheit. Fantastique!
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BUCH TIPP
HipHop Tribute
"Ursprünglich war diese Musik nur in Clubs zu hören. Sie führte hinaus in die Weiten des Weltalls, in die inneren Tiefen." Neil Kulkarni.
Hier sind erstmals die entscheidenden HipHop Tracks versammelt, mit denen die Welt verändert wurde, die Rap in die Vorstädte gebracht haben, Tracks, die die Entwicklung dieser Musikrichtung selbst geprägt haben. Auch der klassische Underground Rap ist vertreten, denn gerade er hat immer wieder dieses Genre massgeblich weiterentwickelt.
"HipHop Tribute" bringt kein weiteres Mal die ganze schon vielfach erzählte Geschichte des HipHop sondern vielmehr die Hinterlassenschaft dieser grossen Vinyl-Scheiben, ihre psychologische Wirkung auf eine ganze Generation. HipHop ist nicht nur Acessoire für einen Lifestyle, sondern selbst ein gewaltiger Way of Life, weil er unser Musikverständnis so grundlegend revolutioniert wie unsere Kultur, ja unser Leben an sich. Das Buch ist ein Schlüssel zum tieferen Verständnis dessen, was
Sprechgesang ausmacht, mit welcher Intention die Raps entstehen. Sie erzählen von persönlichen Erfahrungen junger Schwarzer, von politischen Verhältnissen und sozialen Veränderungen, die aktuell nicht nur das Leben in den amerikanischen Vorstädten sondern auch das Weltgeschehen beeinflussen.
Jetzt bestellen für nur SFr. 34.80

 
Text-Quellen: Diverse
30.06.2005 13:09:32 / enzo
Alle Angaben ohne Gewähr
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